Meine Rede

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich nicht nur auf die Beratung im Ausschuss, ich bin gespannt wie ein Flitzebogen, weil ich wirklich hoffe, dass wir gemeinsam aus den vielen Fragezeichen, die Ihr Antrag aufwirft, doch noch das ein oder andere Ausrufezeichen kreieren können. Ihre Ausführungen zu dem Antrag eben, Herr Meyer, haben leider auch nicht sehr viel mehr Licht ins Dunkel gebracht als der Antrag selbst. 

Als Erstes fordern Sie eine Wiedereinführung von Investitionskostenzuschüssen durch das Land. Dieser Wunsch ist immerhin verständlich und unter anderem ja auch von Kostenträgern, Angehörigenverbänden und den Sozialverbänden an uns herangetragen worden. Wiedereinführung - das gab es also schon, wurde aber unter Ihrer Gesundheitsministerin 2005 abgeschafft. Die Gründe dafür ‑ das meine ich gar nicht despektierlich ‑ würden mich an dieser Stelle schon einmal interessieren. Warum hat man das damals abgeschafft? - Ein Antrag ‑ so dachte ich jedenfalls bislang ‑ muss doch mehr als das Vortragen eines Wunsches, eines unkonkreten, frommen Wunsches, sein. Wo ist hier der konkrete Vorschlag? Wie kann man eine solche Förderrichtlinie denn zum Beispiel haushalterisch abbilden? - Schließlich ist doch davon auszugehen, dass ‑ auch wenn Ihr Antrag keine Summe benennt ‑ wir hier von dreistelligen Millionenbeträgen sprechen, die bewegt werden müssen. Ein Finanzierungsvorschlag von Ihnen fehlt aber in Gänze. 

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, und so hatte ich bis zum Montag auf eine konkrete Idee Ihrerseits in Ihrem Nachtragshaushaltsentwurf gehofft. Jetzt ist sie doch gestorben, also meine Hoffnung. Nichts! Keine Idee! Keine Gelder von Ihnen für Ihren eigenen Vorschlag! 

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn ich mich recht entsinne, ging es am Montag sehr viel um Löcher in den Straßen, aber nicht um Löcher im Gesundheitssystem. Das ist schade. Aber trotzdem: Einigkeit herrscht ja auf jeden Fall fraktionsübergreifend, was die hohen und immer noch steigenden Eigenanteile von Pflegebedürftigen in der Langzeitpflege betrifft: Das kann natürlich so nicht stehen bleiben.

Die Problemlösung ‑ Sie haben es ja auch gesagt, Herr Meyer ‑ ist aber hier vor allem die Überarbeitung der Pflegeversicherung. Da bin ich unserem Minister sehr dankbar, dass er in dieser Bund-Länder-Gruppe auch immer wieder darauf hinweist. Der Betrag, der gerade am höchsten ansteigt ‑ das haben Sie auch gesagt ‑, um 90 %, ist der pflegebedingte Eigenanteil. Bei den Investitionskosten ‑ sie sind auch gestiegen ‑ waren es 9 % in etwa, während es bei diesem Anteil 90 % sind. Da sieht man schon, wo eigentlich der Hebel ist. 

Die Punkte 2 bis 6 ‑ Sie haben sie gerade vorgetragen ‑ haben mit der Überschrift Ihres Antrages so gar nichts mehr zu tun. 

Im zweiten Punkt ist unklar, welche Zielrichtung Sie anstreben. Soll es um Förderung der Selbsthilfe gehen? - Das wäre also § 45 d SGB XI. Oder geht es um Angebote zur Unterstützung im Alltag? - Das wäre dann ja aber § 45 a SGB XI. Oder/und geht es um Modellvorhaben? - Das wäre dann § 45 c Abs. 5 SGB XI. Zu § 45 d kann ich Ihnen berichten, dass die von Ihnen gewünschte Überarbeitung sowieso erfolgen wird, weil diese Förderrichtlinie nämlich Ende des Jahres ausläuft. Hinter diesen Teil Ihres Antrags können Sie also schon einmal einen Haken setzen. 

Vereinfachen finden wir gut. Sicherheit für zu Pflegende finden wir aber ebenso wichtig. Was also möchten Sie? Mit welcher der genannten drei Richtlinien wollen Sie vereinfachen, und berücksichtigt Ihre nicht näher beschriebene Vereinfachung die Sicherheit der Pflegebedürftigen und eine ausreichende Versorgungsqualität? - Sie merken also: Es gibt Fragen über Fragen, die dieser Antrag aufwirft. 

Bei den AZUA-Hilfen wurden ja bereits einige Erleichterungen umgesetzt wie die Anerkennung von Nachbarschafts- und Alltagshilfen als Einzelperson. Sie nennen hier nicht, was Sie sonst noch zu diesem Punkt fordern. Das ist in diesem Antrag einfach nicht benannt. 

Zum dritten Punkt. Das betrifft die Förderhöhe der Plätze für teilstationäre und Kurzzeitpflege. Da wollen Sie das der Marktlage anpassen. Das wurde eben ja auch genannt. Dazu steht im Niedersächsischen Pflegegesetz, dass hier bereits Anpassungen vorgenommen wurden, und die entsprechende Verordnung zur Durchführung der Förderung von Pflegeeinrichtungen wird außerdem zum 1. Juli in Kraft treten. An der Stelle ebenfalls einen Haken dahinter!

In Ihrem vierten Punkt geht es um die Stärkung von Pflegestützpunkten. - Ich habe Ihnen einmal die Rahmenvereinbarung zwischen Pflegekassen, Landkreistag und Städtetag mitgebracht. Darin ist zu lesen ‑ vielleicht kennen Sie sie, ansonsten habe ich Sie an meinem Platz für Sie zum Ausborgen ‑, 40 000 bis 58 000 Euro gibt es an der Stelle, und auch das Land fördert jeden Stützpunkt in Niedersachsen mit bis zu 40 000 Euro. 

Dazu sagen Sie gar nichts. Sie sagen, Sie fördern die Stärkung von Pflegestützpunkten. Was fordern Sie denn? Es sind Gelder vorhanden. Mehr geht natürlich immer. Aber auch dazu braucht es dann einen Finanzierungsvorschlag Ihrerseits. Nach der aktuellen Rahmenvereinbarung ist Geld vorhanden. Was möchten Sie denn darüber hinaus? Und was möchten Sie an den derzeitigen Landesmitteln verändert haben? Das bleibt hier leider unklar. 

Klar ist nur, dass mittlerweile jeder Landkreis über einen Senioren- und Pflegestützpunkt verfügt und ich zumindest von meinem Stützpunkt weiß, dass hier ganz hervorragende Arbeit ‑ auch in der Fläche in meinem Wahlkreis ‑ geleistet wird. 

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zum fünften Punkt: „eine Bedarfs- und Infrastrukturplanung durch die Kommunen … erstellen“. - Auch im Niedersächsischen Pflegegesetz ist geregelt, dass die Kommunen verpflichtend örtliche Pflegeberichte vorlegen müssen. Die werden unter anderem im neuen Pflegebericht 2024 ausgewertet. Auch Pflegekonferenzen sind in den Landkreisen ‑ das wissen Sie ‑ jetzt verpflichtend durchzuführen. Auch hierzu kein Hinweis von Ihnen, wo es denn darüber hinaus noch hakt!

Der sechste Punkt in Ihrem Antrag heißt schlicht: „… Förderung der Digitalisierung in der Pflege auszubauen“. -  Das ist auch keine Breaking News.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Denn wie Sie ja wissen, ist das eine der ganz großen Überschriften der zweiten Runde der Konzertierten Aktion Pflege Niedersachsen. Das ist das Stichwort in der Pflege. Das hier noch einmal extra als Punkt aufzuführen und damit zu argumentieren, die Landesregierung tut da nichts, halte ich schon für gewagt. 

In den einleitenden Worten Ihres Antrags gehen Sie ‑ da stimme ich auch aus eigener Betroffenheit deutlich zu ‑ auf die große physische, psychische und finanzielle Belastung von pflegenden Angehörigen ein. Mehr als ein Drittel Ihres Textes bezieht sich auf dieses wichtige Thema. Allein in Ihren sechs Punkten suche ich aber vergeblich nach entsprechenden konkreten und neuen Entlastungsmaßnahmen für ebendiese Gruppe.

(Glocke der Präsidentin)

Lassen Sie mich abschließend sagen, dass ich wirklich sehr dankbar bin, dass wir im Sozialausschuss für gewöhnlich einen sehr konstruktiven Umgang miteinander pflegen und dass nicht allein deshalb dort immer sehr fair um Kompromisse zur Sache gerungen wird. Aber mit diesem Antrag kann ich leider wenig anfangen. Ich bin, wie eingangs schon gesagt, gespannt, wie wir auf dieser Grundlage im Ausschuss fachlich zueinander finden. 

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)