Hinter uns liegt das Wochenende der vorgezogenen Bundestagswahl, und für die SPD markiert der Ausgang dieser Wahl eine schwere Niederlage. In ganz Europa stehen die liberalen Demokratien unter Druck – auch bei uns in Deutschland. Mehr als 20 Prozent für eine nachweislich rechtsextreme Partei sind besorgniserregend.

Wir alle haben in den vergangenen Wochen und Monaten mit ganzer Kraft für ein gutes Wahlergebnis der SPD gekämpft – euch allen gebührt großer Dank für euren unermüdlichen Einsatz! Für die SPD muss es ein vorrangiges Ziel sein, in den nächsten Jahren dazu beizutragen, dass das Vertrauen in unsere politische Ordnung – und damit auch in die SPD – wieder gestärkt wird. Nicht zuletzt müssen die Menschen wieder das Gefühl haben, dass Politik ihre Interessen in den Mittelpunkt stellt.

Nun aber gilt es, die Ursachen für unser schlechtes Abschneiden bei der Bundestagswahl zu identifizieren, zu analysieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, um bei den kommenden Wahlen wieder mehr Wählerinnen und Wähler von unserer Politik überzeugen zu können.

Trotz der aktuellen politischen Entwicklungen hoffe ich, dass wir mit Entschlossenheit und Zuversicht in diesen Plenarabschnitt starten und in den kommenden zwei Tagen das Zusammenleben in Niedersachsen weiterhin aktiv gestalten. Zum Auftakt des Plenarabschnitts werden wir den Opfern des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gedenken. Anlässlich dieses tragischen Jahrestags wird der Botschafter der

Ukraine in Deutschland, Herr Oleksii Makelev, eine Ansprache halten. Die anhaltende Aggression Russlands gegen die Ukraine verdeutlicht einmal mehr, dass Freiheit, Demokratie und Frieden keine Selbstverständlichkeiten sind. Der Ukraine gilt auch weiterhin unsere volle Solidarität.

Im Verlauf des ersten Plenartages werden wir eine Vielzahl von Entschließungsanträgen schlussberaten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf Anträgen zum Schutz und zur Stärkung der Rechte von Frauen, Kindern und Jugendlichen:

„Von Lootboxen zu problematischem Glücksspiel? Jugendschutz und Suchtprävention konsequent umsetzen und simuliertes Glücksspiel regulieren“

Eine wirksame Regulierung von Lootboxen und vergleichbaren Mechanismen ist zwingend notwendig, da sie ähnliche Gefahren wie echtes Glücksspiel bergen. Zum Schutz Minderjähriger und suchtgefährdeter Personen sollen daher unter anderem plattformübergreifende Ausgabenlimits eingeführt werden. Darüber hinaus stellt die Einordnung solcher Inhalte als Interaktionsrisiko im Jugendschutzgesetz einen ersten wichtigen Schritt der Prävention dar, den wir durch weitergehende Maßnahmen ergänzen wollen.

„Mit mehr Entschiedenheit: häusliche Gewalt bekämpfen“

Angesichts der weiterhin viel zu hohen und steigenden Zahlen häuslicher Gewalt und Femizide ist es notwendig, weitere Lösungsansätze und Hilfeleistungen bereitzustellen. Mit unserem Antrag fordern wir unter anderem die bundesweite Einführung der geschützten App des Vereins „Gewaltfrei in die Zukunft“. Diese App klärt über Gewaltformen auf, bietet juristische Informationen und ermöglicht mit ihrem digitalen Gewalttagebuch das gerichtsfeste Dokumentieren von Gewaltvorfällen. Damit treiben wir den Ausbau digitaler Präventionsmaßnahmen weiter voran.

„Unterstützung für Opfer bildbasierter sexualisierter Gewalt verbessern – spezialisierte Informationsangebote bereitstellen“

Das Opfer bildbasierter sexualisierter Gewalt zu werden, ist in Zeiten von Deepfakes und Co. ein immer größer werdendes Problem, das mit erheblichen Folgen für die Betroffenen einhergeht. Die Einrichtung einer spezialisierten Anlaufstelle soll daher nicht nur rechtlichen Beistand bieten, sondern auch psychologische Unterstützung und einen geschützten Raum für die Verarbeitung der Erlebnisse schaffen. So wollen wir Betroffenen umfassend helfen und ihr Sicherheitsgefühl stärken.

„Selbstbestimmte Schwangerschaft – Beratungs- und Versorgungsstrukturen in Niedersachsen weiter verbessern“

In unserem Flächenland setzen wir uns für einen wohnortnahen und diskriminierungsfreien Zugang zu Beratung und medizinischer Versorgung ein – von Verhütung und Kinderwunsch bis hin zu Schwangerschaftsabbrüchen. Um die Versorgung zu verbessern, wollen wir den Ausbau niedrigschwelliger Angebote sowie den verstärkten Einsatz von Telemedizin fördern. Gleichzeitig fordern wir ein Ende der Stigmatisierung und Diskriminierung, um die Selbstbestimmung der Frauen zu gewährleisten.

„Repair-Cafés fördern – Verbraucherschutz stärken“

Repair-Cafés sind ein Mittel zur Stärkung des Verbraucherschutzes und zur Bekämpfung der zunehmenden Wegwerfmentalität. Jährlich entstehen Millionen Tonnen Abfall, weil viele Produkte vorzeitig entsorgt werden, obwohl sie repariert werden könnten. Besonders Elektroschrott stellt ein wachsendes Problem dar, das durch geplante Obsoleszenz und mangelnde Reparaturmöglichkeiten verschärft wird. Um dem entgegenzuwirken, setzen wir uns für eine stärkere Unterstützung von Repair- Cafés und ehrenamtlichen Reparaturwerkstätten ein. Gleichzeitig soll die Vernetzung mit anderen gemeinnützigen Initiativen ausgebaut werden, um nachhaltige Reparaturstrukturen weiter zu stärken. Des Weiteren sollen Bildungsprogramme zur Aufklärung über Ressourcenverbrauch, geplante Obsoleszenz und nachhaltigen Konsum bereits im schulischen Kontext verankert werden. Auf bundespolitischer Ebene fordern wir die Verlängerung der Gewährleistungsfristen sowie die Einführung eines Reparatur-Indexes nach französischem Vorbild, der die Reparierbarkeit von Elektronikprodukten transparent macht.

„Digitalisierung an Schulen landesweit gerecht voranbringen“

Die Digitalisierung ist fester Bestandteil des Alltags von Kindern und Jugendlichen. Daher müssen Schulen flächendeckend und nachhaltig digital ausgestattet werden. Der DigitalPakt 1.0 hat erste Fortschritte gebracht, doch nicht alle Schulen konnten gleichermaßen profitieren. Mit dem DigitalPakt 2.0 gilt es nun, langfristige Strukturen zu schaffen, um allen Schülerinnen und Schülern gleiche Bildungschancen zu ermöglichen. Eine landesweite Digitalisierungsstrategie soll nicht nur die technische Ausstattung sicherstellen, sondern auch Wartung, Administration und medienpädagogische Konzepte umfassen. Lehrkräfte müssen durch praxisnahe Fortbildungen unterstützt und Prüfungsformate an die digitale Realität angepasst werden. Der reflektierte Umgang mit Künstlicher Intelligenz und digitalen Medien muss gezielt vermittelt werden. Damit Digitalisierung nicht zur sozialen Hürde wird, müssen Schulen mit besonderen Herausforderungen prioritär berücksichtigt und digitale Endgeräte für alle Schülerinnen und Schüler bereitgestellt werden.

„Die Fachkräfte von morgen brauchen jetzt unsere bestmögliche Unterstützung
– berufliche Orientierung an niedersächsischen Schulen ausbauen und weiterentwickeln!“

Eine gelingende berufliche Orientierung (BO) in der Sekundarstufe I erleichtert den Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. Sie fördert die Selbstwahrnehmung, bietet erste Orientierung auf dem Arbeitsmarkt und motiviert Jugendliche, ihre schulischen und beruflichen Ziele zielgerichtet zu verfolgen. Auch an den niedersächsischen Gymnasien wird das Thema BO immer wichtiger. Mit unserem Antrag wollen wir die Gleichwertigkeit von Ausbildung und Studium flächendeckend näherbringen. Dazu soll der bestehende Erlass zur beruflichen Orientierung praxisnäher gestaltet werden.

Wichtige Inhalte des Antrags sind außerdem:

o Die Verankerung der beruflichen Orientierung im Rahmen des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) an allen weiterführenden Schulformen und Vollzeitschulformen berufsbildender Schulen, die nicht zu einem Berufsabschluss führen.
o Die Sicherstellung eines verpflichtenden Praktikums in der Sekundarstufe I an allen Schulformen, einschließlich der Gymnasien.
o Die Stärkung der Zusammenarbeit und Kooperationen zwischen allgemein- und berufsbildenden Schulen.
o Der Ausbau der Einbeziehung und Beratung von Eltern und Erziehungsberechtigten als wichtige Ansprechpartner im Prozess der beruflichen Orientierung.
o Die Förderung der bestehenden Zusammenarbeit zwischen den Schulen und den Agenturen für Arbeit sowie den Jugendberufsagenturen.

Mit unserer Aktuellen Stunde „Zukunft der hausärztlichen Versorgung – Niedersachsen stellt die richtigen Weichen“ thematisieren wir die essenzielle Bedeutung der hausärztlichen Versorgung in einem Flächenland wie Niedersachsen – insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Unser Gesundheitsminister Andreas Philippi wird anhand des „10-Punkte-Aktionsplan für mehr Hausärztinnen und Hausärzte in Niedersachsen“ aufzeigen, wie diese Herausforderung bewältigt werden kann.

Im Anschluss an die Aktuelle Stunde werden wir im Rahmen unserer Fragestunde unseren Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies fragen:

„Wie kann eine dauerhaft verlässliche und auskömmliche Finanzierung des Deutschland-Tickets für die Zukunft sichergestellt werden?“

Nach aktuellem Stand ist die Finanzierung des D-Tickets über das Jahr 2025 hinaus nicht gesichert – dafür fehlen bislang die erforderlichen Mittel. Zudem wäre noch in diesem Jahr eine erneute Änderung des Regionalisierungsgesetzes erforderlich, um das erfolgreiche Modell ab 2026 fortzuführen. Eine der ersten Aufgaben einer neuen Bundesregierung muss es daher sein, das D-Ticket langfristig über 2025 hinaus abzusichern. Für uns ist es wichtig, dass die Menschen in Niedersachsen auch weiterhin von den Vorteilen des 2023 eingeführten Deutschland-Tickets profitieren können und der ÖPNV weiter gestärkt wird.
Neben der Aktuellen Stunde und der Fragestunde bringen wir vier Entschließungsanträge zur Erstberatung in den Plenarabschnitt ein, um unser Land weiter zu gestalten:

„Bildungsgerechtigkeit stärken: Nachteilsausgleich und Notenschutz für Schülerinnen und Schüler mit Legasthenie und Dyskalkulie ausbauen und weiterentwickeln“

Mit diesem Antrag wollen wir sicherstellen, dass Schülerinnen und Schüler mit Legasthenie oder Dyskalkulie im Bildungssystem die notwendige Unterstützung erhalten. Der seit 2012 ausgelaufene Erlass zur Förderung dieser Schüler muss dringend aktualisiert werden, um klare und rechtssichere Regelungen für Nachteilsausgleich, Notenschutz und Fördermaßnahmen zu schaffen. Nur so können Frustration und schulischer Misserfolg vermieden werden – und den betroffenen Schülern gleiche Chancen geboten werden. Ein zentrales Anliegen dieses Antrags ist die flächendeckende Einführung eines verbindlichen Notenschutzes, insbesondere in der gymnasialen Oberstufe. Schülerinnen und Schüler mit Legasthenie oder Dyskalkulie dürfen trotz gleicher intellektueller Fähigkeiten nicht benachteiligt werden. Zudem wollen wir die Einbeziehung von Fachverbänden, etwa dem Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie Niedersachsen e.V., vorantreiben, um praxisnahe und bedarfsorientierte Lösungen zu entwickeln. Ein weiterer Bestandteil unseres Antrags ist die Förderung einer gezielten Fortbildungs- und Beratungsstrategie, damit Lehrkräfte, Eltern und betroffene Schülerinnen und Schüler ihre Rechte und Unterstützungsmöglichkeiten besser nutzen können.

„Für ein menschenwürdiges Leben – Strategien gegen Wohnungslosigkeit“

Mit diesem Entschließungsantrag soll die Bekämpfung der Wohnungslosigkeit gemäß
§§ 67 ff. SGB XII weiter verbessert und an aktuelle Bedürfnisse angepasst werden. Dabei soll das Housing-First-Prinzip im bestehenden System weiter verankert werden – insbesondere durch niedrigschwellige, personenzentrierte und diversitätssensible Angebote. Zudem soll eine antragsunabhängige Beratung zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit ausgebaut werden. Ein Modellprojekt zur sozialen Wohnraumakquise soll private Anbieter einbeziehen, um die Vermietungsbereitschaft für wohnungslose Menschen zu steigern. Tagesaufenthalte sollen personell gestärkt werden, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden. Weiterhin setzen wir uns für den Aufbau von Clearingstellen zur Überleitung in das Gesundheitssystem ein und unterstützen Forschungsprojekte zur Erhebung der Gesundheitsbedarfe von Wohnungslosen. Schließlich befürworten wir bundesweite Mindeststandards für die Unterbringung obdachloser Menschen sowie deren Übertragung auf Niedersachsen.

„Bürokratieabbau für Niedersachsen – Effizienz fördern, Handwerk stärken“
Mit diesem Antrag setzen wir uns für eine spürbare Entlastung von Unternehmen – insbesondere von KMU und dem Handwerk – von bürokratischen Hürden ein. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern und die Verwaltung effizienter zu gestalten, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Wir fordern die stärkere Integration des „Once-Only“-Prinzips und eine Reduktion unnötiger Berichtspflichten. Auf Landesebene sollen die Digitalisierung vorangetrieben, die Clearingstelle ausgebaut und bürokratische Verfahren vereinfacht werden. Auf Bundesebene ist eine Weiterentwicklung des Bürokratieentlastungsgesetzes IV sowie eine Vereinfachung der Umsetzung von EU-Richtlinien erforderlich.

Zentrale Maßnahmen sind:

o Ausbau und Finanzierung der Clearingstelle bis 2028,
o Vereinfachung des Vergaberechts,
o Schaffung von Lösungen für das Handwerk, um das Lieferkettensorgfaltsgesetz sinnvoll anzuwenden,
o Einführung von Praxis-Checks zur Reduzierung bürokratischer Belastungen.
Auf Bundesebene fordern wir zudem ein fünftes Bürokratieentlastungsgesetz sowie eine pragmatische Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie und des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes.

„Agri-Photovoltaik in Niedersachsen voranbringen – Chancen für die Landwirtschaft nutzen!“

Doppelnutzungsstrategien wie Agri-PV bieten große Potenziale, da sie die Stromproduktion mit der landwirtschaftlichen Nutzung verbinden und so neue Einkommensmöglichkeiten schaffen. Dieser Antrag soll die landwirtschaftliche Nutzung von Flächen optimieren und gleichzeitig die Energiewende vorantreiben. Besonders im Obst- und Beerenanbau wird durch Agri-PV eine Ertragssteigerung von bis zu 16 % erwartet, während Einnahmen aus Stromverkäufen mögliche Mindererträge im Getreideanbau kompensieren können.

Für Niedersachsen – mit seinen großen Obstbauflächen und zahlreichen Auslaufflächen für Tiere – bieten sich immense Chancen. Wir bitten daher die Landesregierung, unter anderem folgende Maßnahmen umzusetzen:

o Die Forschung im Bereich Agri-PV fortzuführen und weiterzuentwickeln, insbesondere hinsichtlich Anwendungsaspekten und Pilotprojekten.
o Ein Langzeit-Monitoring von Agri-PV-Anlagen zu innovativen Best-Practice- Lösungen zu initiieren.
o Planungs- und Genehmigungsverfahren für Agri-PV zu optimieren.
o Sich auf Bundesebene für eine verbesserte Fördersystematik einzusetzen und Agri-PV-Anlagen in Ausschreibungen der Bundesnetzagentur stärker zu fördern.
o Zu prüfen, wie Beratungsangebote für landwirtschaftliche Betriebe zur Umsetzung von Agri-PV ausgeweitet werden können.
o Förderprogramme für Agri-PV-Ansätze zu überprüfen und die Wirtschaftlichkeit der Anlagen zu sichern.
o Die Verbindung von Biodiversitätsmaßnahmen und Photovoltaik in den Fokus zu nehmen und offene Fragen zu klären.
o Zu prüfen, inwieweit CO₂-Einsparungen durch Agri-PV dem Landwirtschaftssektor zugerechnet werden können.