TOP10 Verlässliche Arzneimittelversorgung in Niedersachsen...

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Niemand hier wird bestreiten, dass Lieferengpässe bei Arzneimitteln eine Herausforderung sind, und, lieber Herr Bauer, niemand will das wegdiskutieren. Das muss aber auch gar nicht angegangen werden, denn es wird bereits angegangen, und erste Lösungen und erste Erfolge sind auch schon in Sicht.

Unumstritten ist: Das Problem ist längst erkannt. Deshalb haben wir schon längst entschlossen gehandelt, und zwar auf Landes-, Bundes- und Europaebene. Wie genau das Zusammenspiel zwischen diesen verschiedenen Ebenen funktioniert, erkläre ich gerne noch einmal in aller Kürze für die Zuhörenden und Interessierten hier im Raum.

Wenn ein Lieferengpass in Deutschland bekannt wird, liegt die Verantwortung für Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung.

(Glocke der Präsidentin)

Dort wird die Lage bewertet und mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, den Kassenärztlichen Vereinigungen, dem pharmazeutischen Großhandel und den Apotheken abgestimmt. Um die Versorgung schnell zu sichern, kann das Ministerium für einen begrenzten Zeitraum Abweichungen von Vorgaben zulassen, wenn zum Beispiel die Beschriftung eines Medikaments aus dem Ausland nicht auf Deutsch vorliegt und kurzfristig ergänzt wird. Parallel werden Importalternativen aktiviert, Bestände über den Großhandel umverteilt und Apotheken und Praxen entsprechend informiert.

Was macht der Bund mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz ‑ 69 Buchstaben, vier Worte? Damit wurden 2023 wichtige Schritte eingeleitet, zum Beispiel ‑ um nur ein paar Punkte herauszugreifen ‑ eine bessere Lagerhaltungspflicht, eine bessere Versorgung mit Kinderarzneimitteln ‑ zum Beispiel durch die Streichung von Festbeträgen ‑, mehr Transparenz bei Engpässen, Anreize für mehr Produktion im Inland - alles das, was hier schon genannt wurde.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Zudem läuft seit November 2025 die neue Pharma- und Medizintechnikstrategie, die die industrielle Gesundheitswirtschaft gezielt stärkt.

Brandaktuelle und richtig gute Neuigkeiten kommen gerade aus der EU dazu: Am 11. Dezember 2025 wurde das Pharma-Paket beschlossen - eine Reform, die weniger Bürokratie, schnellere Zulassungen, eine gemeinsame Liste kritischer Medikamente und neue Anreize für die Entwicklung dringend benötigter Antibiotika schafft.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN sowie von Carina Hermann [CDU] und Barbara Otte-Kinast [CDU])

Damit wird die europäische Pharmaindustrie deutlich gestärkt und auch die Versorgungssicherheit verbessert.

Ein Blick auf die aktuelle Entwicklung zeigt schon gute Erfolge: Beispielsweise Kinderarzneimittel sind durch gezielte Förderungen wieder besser verfügbar, Antibiotika werden bereits jetzt wieder zunehmend in Europa produziert, und die EU koordiniert jetzt eine Liste kritischer Medikamente, sodass Engpässe frühzeitig erkannt werden können und gemeinsam gegengesteuert werden kann.

(Sebastian Zinke [SPD]: Das hörte sich bei Frau Klages aber ganz anders an!)

‑ Das hörte sich anders an, aber das sind die Fakten.

Das zeigt leider nur stichwortartig, weil unsere aller Redezeit begrenzt ist: Unsere Politik ist eben nicht, wie es Ihr Antrag schon vom Wortlaut her suggerieren möchte, untätig, sondern mitten in einem Prozess, der ‑ wie beschrieben ‑ durchaus schon Wirkung entfaltet. Ihr Antrag ist abzulehnen, weil er schlicht inhaltsschwach ist und schon bei der Antragstellung durch Regierungshandeln zu großen Teilen erledigt war.

Er adressiert die falsche Zuständigkeit: Die Arzneimittelversorgung ist, wie Herr Bauer auch schon ausgeführt hat, bundes- und europarechtlich geregelt. Wir hatten das auch schon bei der ersten Beratung. Niedersachsen kann, wie auch schon gesagt wurde, nicht im Alleingang globale Lieferketten sichern.

Außerdem bleibt in Ihrem Antrag die Finanzierung völlig unklar. Sie sprechen von Wirtschaftsförderung für die Pharmaindustrie, aber ohne Zahlen, ohne konkrete Maßnahmen, und ich habe auch keinen Ansatz im Haushalt gefunden. Kurz gesagt: Das Konzept ist keines.

Und auch die Ignoranz gegenüber Europa ist fast schon bezeichnend. Der Antrag verschweigt die europäische Ebene nämlich komplett. Dabei entstehen doch gerade dort, wie eben bereits geschildert, die entscheidenden Lösungen: Bevorzugung europäischer Anbieter bei Antibiotika, Aufbau einer europäischen Pharmaindustrie, Frühwarnsysteme auf EU-Ebene. Wer gerade an dieser Stelle Europa ignoriert, ignoriert auch an dieser Stelle die Realität komplett.

Sie benennen leider keine konkreten Maßnahmen, zum Beispiel keine Vorschläge für kurzfristige Entlastung wie Importregeln oder Bevorratung, keinen Zeitplan, keine Verantwortlichkeiten, keine Umsetzungsschritte, stattdessen nur die Forderung nach einem Plan. Ein Plan ohne Inhalt ist aber ein leeres Blatt Papier - Symbolpolitik statt Substanz.

Der Antrag fokussiert sich außerdem einseitig auf die Industrie, ohne die gesamte Versorgungskette dabei mitzudenken. Kurz gesagt: Der Antrag trägt nichts zur Verbesserung bei, sondern wiederholt, was längst bekannt und vor allen Dingen längst erarbeitet ist und auch weiterhin erarbeitet wird.

Vizepräsidentin Dr.in Tanja Meyer:

Frau Prell, entschuldigen Sie. Lassen Sie die Zwischenfrage von Frau Klages zu? 

Andrea Prell (SPD):

Nein, danke.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Arzneimittelversorgung ist ein sehr wichtiges Thema. Wir dürfen und wir wollen das überhaupt nicht kleinreden. Aber wir sollten bitte auch nicht so tun, als gäbe es keine Fortschritte. Die Wahrheit ist: Bund, Länder und EU arbeiten Hand in Hand, und die Maßnahmen zeigen bereits Wirkung. Die SPD und die Landesregierung stehen für nachhaltige und realistische Lösungen im Schulterschluss mit Bund, den Ländern und Europa.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das, Frau Klages, ist sehr vernünftig. Die AfD darf also gerne weiter Worthülsen liefern, und wir anderen hier kümmern uns derweil alle gemeinsam um die zuverlässige Lieferung von Medikamenten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)